2010

Kinder- und Jugendliteratur und / als Erwachsenenliteratur in Vergangenheit und Gegenwart

23. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung 2010

( 13.- 15. Mai 2010 in Kronberg/Ts.)

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Ankündigung und Call for Papers

Der Abstand zwischen Kinder- und Jugendliteratur auf der einen, Allgemein- bzw. Erwachsenenliteratur auf der anderen Seite kann größer oder geringer ausfallen. Die Kinder- und Jugendliteratur einzelner Epochen, einzelner Strömungen wie auch diejenige einzelner Autoren kann bestrebt sein, ihre literarischen Techniken und grundlegenden Themen mit der Erwachsenenliteratur zu teilen. Sie kann sich jedoch auch von der Erwachsenenliteratur absetzen und sich als eine dezidiert andere Literatur begreifen. Nähe und Distanz zur Erwachsenenliteratur können auch gleichzeitig verfolgt werden – Distanz etwa bei der Literatur für Kinder, Nähe bei der für Jugendliche und junge Erwachsene.

Die Jahrestagung soll den unterschiedlichen Bestimmungen des Verhältnisses beider Literaturen auf den verschiedensten Ebenen nachgehen. Behandelt werden könnten zum einen theoretische Äußerungen aller Art, soweit sie sich mit dieser Frage auseinandersetzen. So haben sich bspw. die beiden Robinson-Bearbeiter des 18. Jahrhunderts, Campe und Wezel, über die Nähe bzw. Ferne von Kinder- und Erwachsenenliteratur gestritten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts fragt sich etwa Jacob Grimm, „ob man überhaupt etwas für Kinder einrichten müsse“ und bezieht eine deutlich andere Position als sein Bruder Wilhelm. In diesen Kontext passt auch Heinrich Wolgasts anfängliche Polemik gegen die „spezifische Jugendliteratur“ und deren Absonderung von der Allgemeinliteratur. Für die Theoretiker des ‚guten Jugendbuch‘ der 1950er und 1960er Jahre bestand zwischen der Kinder- und Jugendliteratur auf der einen und dem modernen Roman auf der anderen Seite eine unüberbrückbare Kluft. In vielen Autorenäußerungen nach 1970 ist es demgegenüber eine ausgemachte Sache, dass die Kinder- und Jugendliteratur eine Literatur wie diejenige für Erwachsene sei.

Das Verhältnis beider Literaturen kann zum anderen durch vergleichende Werk- oder Gattungsanalysen näher bestimmt werden. Infrage kämen hier Vergleichungen erwachsenen- und kinderliterarischer Werke ein und desselben Autors bzw. ein und derselben Autorin, aber auch vergleichende Untersuchungen allgemeinliterarischer und kinderliterarischer Ausprägungen ein und derselben Gattung (bspw. Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts; Dorfgeschichte des 19. Jahrhunderts; Mädchen-/Frauenliteratur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, historischer Roman des 19. und 20. Jahrhunderts; Schul- und Adoleszenzroman des 20. Jahrhunderts; zeitgeschichtliche Literatur der Gegenwart etc.).

Die Tagung soll sich schließlich auch mit den Werken befassen, die sowohl für Kinder bzw. Jugendliche als auch für Erwachsene bestimmt sind. Die Bezeichnungen für diese Texte, die nicht immer auch mehrfach adressiert sein müssen, sind vielfältig: doppelsinnige Kinder- und Jugendliteratur, All-Age-Literatur, Crossover Literatur. Werke dieser Art dürfte es in nahezu allen Epochen gegeben haben. So könnte man viele Erzählungen etwa von Johanna Spyri, Karl May oder Jules Verne durchaus als All-Age-Literatur bezeichnen. In der Gegenwart gilt die Fantasy als hervorstechendes Beispiel einer Crossover-Literatur, doch wäre auch an die Science Fiction und den Thriller zu denken – nicht zu vergessen Graphic Novel und Bilderbuch. Nützlich wäre zudem eine Auseinandersetzung mit den neuesten theoretischen Positionen zum Crossover-Phänomen, wie sie etwa in der englischsprachigen Forschung bezogen worden sind (Sandra Beckett: Crossover Fiction, 2009; Rachel Falconer: The Crossover Novel, 2009).

Wir hoffen auf Ihr reges Interesse und bitten um Zusendung von Vortragsangeboten (von maximal 30 Minuten Dauer) bis zum 15.2.2010. Ihrem Vorschlag sollte ein kurzer Aufriss des Vortragsthemas („abstract“, bis ca 1.500 Zeichen) beigefügt sein. Bitte senden Sie Ihre Vorschläge per Mail an dolle-weinkauff@rz.uni-frankfurt.de oder per Briefpost an die folgende Adresse:

Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung
Dr. Bernd Dolle-Weinkauff
Johann Wolfgang Goethe-Universität
Institut für Jugendbuchforschung
Campus Westend
Grüneburgplatz 1

60323 Frankfurt

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Dolle-Weinkauff