2011

Kriege und politische Konflikte in Kinder- und Jugendliteratur und -medien

24. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung 2011

( 2.- 4. Juni 2011 in Boldern/Zürich)

Download Programm 2011

Download Abstracts 2011

Blick ins Auditorium der 24. Jahrestagung in Boldern:
Rüdiger Steinlein (Berlin), Bernd Dolle-Weinkauff (Frankfurt), Gina Weinkauff (Wien/Heidelberg) (1.Reihe v.l.n.r), Christa Sieder (Wien), Susanne Riegler (Leipzig), Sebastian Schmideler (Leipzig), Mareile Oetken (Oldenburg), Caroline Roeder (Ludwigsburg), Ute Dettmar (Oldenburg), Heidi Lexe (Wien), Rolf Annas (Stellenbosch/Südafrika), (2. Reihe v.l.n.r), Ricarda Dreier (Detmold), Noëmi Vollenweider (Zürich), Gunda Mairbäerl (Wien) Christine Lötscher (Zürich), André Kagelmann (Köln), (3. Reihe v.l.n.r), Martin Anker (Frankfurt), Veljka Ruzicka Kenfel (Vigo), Andrea Weinmann (Frankfurt), Sarolta Lipóczi (Kecskemét), Sonja Müller (Frankfurt), Jutta Reusch (München), Tihomir Engler (Varazdin).

Ankündigung:

Kriege und politisch-soziale Konflikte gelten in der Regel als Angelegenheiten von Erwachsenen , in die Kinder und Jugendliche höchstens als Opfer oder am Rande als indirekt Betroffene involviert sind. Gleichwohl ist insbesondere der Krieg ein Stoff, der in kinder- und jugendliterarischen Werken (und zwar in Sach- wie in erzählenden Texten sowie Bilderbüchern) seit dem 18. Jahrhundert immer wieder behandelt worden ist. Die Frage nach den Inszenierungen von Krieg in diesen Werken ist auch deshalb von hoher Relevanz, weil die einschlägige Kinder- und Jugendliteratur keineswegs durchgängig kritische bzw. pazifistische Tendenzen aufweist – diese finden sich lediglich in einem Teil der Texte v.a. aus jüngerer Zeit. Weitaus häufiger waren und sind Kriegsdarstellungen geprägt von der Faszination, der Lust am bzw. auf den Krieg, von der Überzeugung an einem gerechten und daher gerechtfertigten Krieg in irgendeiner Weise mitzuwirken. Kinder- und jugendliterarische Werke zeigen daher verstärkt seit dem 19. Jahrhundert kindliche und jugendliche Akteure, deren aktive Teilnahme am Krieg selbstverständlich erscheint.

Der kinder- und jugendliterarische Beitrag zur Erinnerungskultur, insbesondere zu den Feldern Nationalsozialismus und II. Weltkrieg, ist mittlerweile von der Forschung relativ gut aufgearbeitet. Seit etlichen Jahren bereits hat sich die Kinder- und Jugendliteraturforschung auch dem Thema der unterschiedlichen Gewaltformen zugewandt, die Kinder wie Jugendliche im Alltag, vor allem im näheren Bezugsfeld von Familie, Peers, Schule erfahren und auch selbst ausüben. Im Zeitalter globaler Auseinandersetzungen, Krisen und Katastrophen sind Kindheit und Jugend allerdings nicht unbeeinflusst von Spannungsfeldern, die über diese Nahwelt hinausgehen. Und so finden auch gegenwärtige politische Konflikte, Bedrohungs- und Krisenszenarien, vom Terrorismus, bzw. dem (erklärten) Krieg gegen den Terrorismus, bis hin zu sozialen Verwerfungen, Umweltkatastrophen und Verschwörungsszenarien, in denen kulturelle Krisen und soziale Ängste verarbeitet werden, in unterschiedlicher Weise Eingang in Kinder- und Jugendliteratur und -medien.

Die Jahrestagung soll den unterschiedlichen Narrationen und Narrativen von Kriegen und politi-schen Konflikten innerhalb der älteren wie neueren Kinder- und Jugendliteratur nachgehen. Dafür ist es wünschenswert, die mediale Perspektive zu erweitern, d.h. neben der Auseinanderset-zung mit den entsprechenden literarischen Texten und Genres (erzählende Literatur, Comics, Phantastik, Fantasy / Science-Fiction) sollen auch Film- und Fernsehformate sowie Computerspiele einbezogen werden. Es sollen auf dieser Tagung verschiedene thematische und theoretische Zugänge (z.B. postkoloniale Diskurse, Gendertheorie, medien- und gattungstheoretische Fragestellungen, imagologische sowie rezeptionspsychologische Perspektiven) diskutiert werden.

Dabei könnten sich u.a. die folgenden Themen, Zugänge, Aspekte und Schwerpunkte ergeben:
– Krieg aus historischer Perspektive: z.B. Varusschlacht, Kreuzzüge, Kolonialkriege (Kriege gegen andere Kulturen), historische und gegenwärtige Religionskriege, kalter Krieg.
– Gegenwärtige reale Kriege (wie z.B. Irak und Afghanistan), Reportage, Dokumentation, Erlebnisberichte.
– Krieg als prägendes Erlebnis der Desillusionisierungs für (post)adoleszente männliche wie weibliche Akteure.
– Krieg als vermeintlich notwendiges, gerechtes und zugleich als gewalthaltiglustvolles Erlebnis, z.B. in Form von Rachefeldzügen. (Prototyp wäre etwa das Action-Kino mit den „Rambo“-Filmen, die sich vor allem bei männlichen Jugendlichen großer Beliebtheit er-freut haben).
– Kriegshelden: Heroisierung / Entheroisierung, Kriegskörper, Krieg als Abenteuer.
– Kinder als Täter und Opfer: Kindersoldaten, Kriegskinder, Kriegskindheiten.
– Kinder- (Banden-) Kriege (z.B. „Krieg der Knöpfe“) und ihre historischen, sozialen und kulturellen Kontexte.
– Faszination von Krieg und Violenz (auch in rezeptionspsychologischer Perspektive).
– Ästhetisierung bellizistischer Gewalt und Aggression vom patriotischen Jugendbuch des 19. bis zu den Superhelden des 20./21. Jahrhunderts.
– Terrorismus, Terror, Staatsgewalt / Krieg gegen die eigene Bevölkerung, Verschwörungstheorien.
– Krieg der Bilder, Kriegspropaganda, Bilderpolitik, Kriegsmetaphorik.
– Krieg als populärkulturelles Phänomen.
– Kriegsbilder in Computerspielen: Räume, Figuren, (Inter-)aktionsmuster.
– Kriege in Mythen, Mythos als Krieg
– Kriegsinszenierung als Kampf des Einzelnen gegen surreale böse Mächte
– Kriege als apokalyptische Szenarien in Phantastik, Fantasy, Mystery, Science Fiction in Jugendbuch, Comic, Manga und Film
– Krieg und Karneval: Parodie, Satire und Nonsense (von Rollenhagens „Froschmeuseler“ bis bis John Lennons „How I won the War“).

Wir hoffen auf Ihr reges Interesse und bitten um Zusendung von Vortragsangeboten (von maximal 30 Minuten Dauer) bis zum 20.11.2010. Ihrem Vorschlag sollte ein kurzer Aufriss des Vortragsthemas („abstract“, bis ca 1.000 Zeichen) beigefügt sein. Bitte senden Sie Ihre Vorschläge per Mail an dolle-weinkauff@rz.uni-frankfurt.de oder per Briefpost an die folgende Adresse:

Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung
Dr. Bernd Dolle-Weinkauff
Johann Wolfgang Goethe-Universität
Institut für Jugendbuchforschung
Campus Westend
Grüneburgplatz 1
60323 Frankfurt

 

Ingrid Tomkowiak, Leiterin des Schweizerischen Instituts für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM), begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

Abendveranstaltung: Lesung mit Urs Widmer

Blick von der Tagungsstätte auf den Zürichsee