Trauer um Otto Brunken

In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Otto Brunken; Otto Brunken zählte zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung und war langjähriger Kustos der Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendmedienforschung (ALEKI) sowie außerplanmäßiger Professor am Institut für Deutsche Sprache und Literatur II an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln.

Otto Brunken galt seit Jahrzehnten als einer der ausgewiesensten Kenner vor allem der frühen Epochen der Kinder- und Jugendliteratur, des späten Mittelalters, der Frühen Neuzeit, des Barock und der Frühaufklärung – d.h. von Zeitaltern, die lange, und wie wir mittlerweile durch die Forschungen Otto Brunkens wissen, zu Unrecht im Schatten der ‚großen’ kinderliterarischen Epochen Aufklärung und Romantik gestanden haben. Dieses spezifische literarhistorische Interesse war bei Otto Brunken zu Beginn seines Studiums noch gar nicht abzusehen – nicht zuletzt aus dem Grund, dass Kinder- und Jugendliteratur zu diesem Zeitpunkt, in der ersten Hälfte der 1970er Jahre, an den deutschen Universitäten noch gar nicht als Studienfach etabliert war. So beginnt sein akademischer Werdegang mit einem Studium von Fächern, die aus heutiger Perspektive durchaus als benachbarte Felder der Kinder- und Jugendliteraturwissenschaft gelten können: der Neu- und Altgermanistik, der Slavischen Philologie sowie der Theaterwissenschaft – zu Beginn an der Universität zu Köln, danach an der FU Berlin, zuletzt in Bochum. Nach dem Magisterabschluss arbeitet er zunächst als Verlagslektor, dann wird er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität zu Köln. In diesen Jahren wird auch sein Interesse an der noch jungen Kinder- und Jugendliteraturforschung geweckt; 1989 promoviert er an der Goethe-Universität in Frankfurt bei Klaus Doderer mit der Arbeit „Der Kinder Spiegel. Studien zu Gattungen und Funktionen der frühen Kinder- und Jugendliteratur“. Im Jahr 2000 habilitiert sich Otto Brunken an der Universität zu Köln zu dem Thema „Studien zur Kinder- und Jugendliteratur“ und erhält die Venia legendi für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur und Medien. Bis zu seiner Pensionierung 2015 ist Otto Brunken Akademischer Oberrat und Kustos an der ALEKI sowie außerplanmäßiger Professor am Institut für Deutsche Sprache und Literatur II an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln.

Otto Brunkens Lehr- und Forschungsschwerpunkte, die sich in einer Vielzahl an Publikationen niedergeschlagen haben, lagen vor allem auf der gesamten Breite der Kinder- und Jugendliteraturforschung, der Literaturkritik sowie den Bildmedien. Einen besonderen Platz in seinen Veröffentlichungen nimmt das fünfbändige „Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur“ (1982-2008) ein, dessen Mitherausgeber und produktiver Beiträger er zugleich war. Als in der Kinder- und Jugendliteraturforschung einzigartiges Projekt ist auch der von ihm herausgegebene „Schatzbehalter“ anzusehen, ein von der ALEKI in Zusammenarbeit mit dem Bilderbuchmuseum Burg Wissem betriebenes Internetportal für historische Kinder- und Jugendliteratur. Otto Brunkens Interesse an der zeitgenössischen Kinder- und Jugendliteratur zeigte sich in der Herausgabe der Internet-Empfehlungs- und Rezensionszeitschrift „Les(e)bar“ sowie in seinen vielfältigen Jurytätigkeiten. Für seine Verdienste wurde ihm von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur jüngst der Volkacher Taler 2017 zugesprochen.

Das akademische Wirken von Otto Brunken war nicht zuletzt in ganz maßgeblicher Weise auch durch seine unermüdliche Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses geprägt, davon zeugt eine Vielzahl von ihm wissenschaftlich betreuter Examensarbeiten wie Promotionen, die entscheidend dazu beigetragen haben, die Position der Universität zu Köln als einen der zentralen Wissenschaftsstandorte der aktuellen Kinder- und Jugendliteraturforschung zu festigen.

Am 30. März 2017 ist Otto Brunken völlig unerwartet verstorben.

Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung wird Otto Brunken ein ehrendes Andenken bewahren.

Gabriele von Glasenapp